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Wenn der Wurm drin ist – Wie du aus schwierigen Projekten trotzdem gestärkt hervorgehst

Heute möchte ich ein Thema aufgreifen, das viele von euch sicherlich schon mal erlebt haben. Was passiert, wenn bei einem Kundenauftrag so richtig der Wurm drin ist? Nichts will so richtig klappen und es fühlt sich an, als ob das ganze Projekt wie verhext ist. Ich habe das selbst vor einiger Zeit erlebt, es ist nicht nur stressig, sondern auch extrem lehrreich. Also zuerst stressig, dann lehrreich. Und genau darüber spreche ich heute.

Der Podcast in Worten – das Transkript für alle Leser:

Was passiert, wenn beim Kundenauftrag einfach nichts klappt? Ich hatte vor einiger Zeit einen Kunden in der B2B-Branche. Es ging um ein Rebranding eines bestehenden Unternehmensauftritts. Anfangs lief alles prima. Wir haben die Werte des Unternehmens festgehalten, ein Logo-Refresh gemacht, das dazu passt und dann ging es an die Webseite. Doch dann kam die Pandemie und der Suez-Kanal Lieferengpass und das Projekt lag plötzlich ein ganzes Jahr auf Eis, da der Kunde einfach andere Prioritäten hatte. Nach so einer langen Pause fängt man praktisch wieder bei Null an. Als das Projekt wieder aufgenommen wurde, hat gerade ein neuer Mitarbeiter angefangen, der in der, wie sag ich es am besten, „Wiederpräsentation“ gleich mit dabei war. Und somit war mein Ansprechpartner nicht mehr der Geschäftsführer, sondern der neue Mitarbeiter, der mit Webseitenentwicklung oder Branding überhaupt noch nie in seinem Leben etwas zu tun hatte und dessen Hauptschwerpunkt auch ganz woanders liegt.

Und ab dem Punkt lief irgendwie alles schief. Fehler, die mir normalerweise nie passieren, wie das Verschicken von falschen Dateien, sind ständig passiert. In jedem Dokument schlich sich ein Fehlerteufel ein. Egal wie oft ich es kontrolliert habe, am Ende war immer wieder irgendwas, das ich übersehen hatte. Und umso mehr ich versucht habe, alles richtig zu machen, umso weniger hat es irgendwie funktioniert. Es hat sich angefühlt, als ob ich komplett die Kontrolle über das Projekt verloren hätte.

Auf der Kundenseite sah es ehrlich gesagt nicht besser aus. Deadlines wurden komplett ignoriert, Inhalte und Dateien fehlerhaft, gar nicht oder viel zu spät geliefert. Das hat mich damals so gestresst, weil ich an mich den Anspruch hatte, dass meine Arbeit immer professionell und perfekt sein muss. Und in diesem Moment habe ich meine eigenen Ansprüche bei Weitem nicht erfüllt. Ich mag es einfach nicht, wenn Projekte nicht gut laufen, das passt eigentlich nicht zu mir. Das hat natürlich auch viel mit meinem eigenen Anspruch zu tun, den ich über die Jahre aufgebaut habe und auch das, was ich von der Arbeitseinstellung meiner Eltern übernommen habe.

Mittlerweile habe ich eine viel realistischere Sicht auf die Dinge, es muss nur noch so perfekt wie möglich sein. Eine der wichtigsten Lektionen, die ich aus diesem Projekt mitgenommen habe, ist, dass ich mir noch mehr Klarheit über meine Kommunikationsprozesse verschaffen muss. Heute mache ich von Anfang an einen schriftlichen Projektplan, der an alle Beteiligten geht. Es ist wichtig, dass alle auf dem gleichen Stand sind und dass Deadlines klar kommuniziert werden. Das hilft, um Missverständnisse zu vermeiden und sorgt dafür, dass ich nicht für Dinge verantwortlich gemacht werde, die außerhalb meines Einflussbereiches liegen. Gerade als Einzelunternehmerin, wie ich es damals noch war, bist du für alles selbst verantwortlich.

Du kennst das vielleicht, du jonglierst tausend Aufgaben und machst die Dinge dann einfach nur noch so, wie sie funktionieren. Oft fehlt einem ein wirklich fester Prozess, besonders, wenn es auf einmal viel wird. Man macht dann das Nötigste und solange es klappt, denkt man nicht weiter darüber nach. Aber genau das kann dir später auf die Füße fallen. Besonders, wenn es dann stressig wird, sind genau diese Prozesse am wichtigsten, denn die sind dazu da, absolutes Chaos zu vermeiden und Klarheit auf beiden Seiten zu schaffen. Ich weiß auch, wie leicht es ist, sie zu vernachlässigen, wenn man unter Druck steht und sowieso nicht weiß, wie man vorne und hinten zusammenkommen soll. Zu der Zeit war ich gesundheitlich auch noch angeschlagen, was die Sache noch viel schwieriger gemacht hat. Wenn du müde, gestresst und überlastet bist, dann fällt genau das als Erstes weg. – Die Protokolle, die Timelines, die Kommunikation. Man macht das mal schnell und genau das führt zu den Fehlern und Missverständnissen und am Ende zu mehr Arbeit und Unzufriedenheit. Ich erinnere mich an Nächte, in denen mir der Stress den Schlaf geraubt hat, in denen ich stundenlang wachgelegen bin und darüber nachgedacht habe, wie ich das Problem lösen kann, was ich besser machen muss, was ich anders machen hätte sollen und wie ich das alles wieder hinkriege. Mittlerweile kam der Messetermin, also unsere Deadline, immer näher, aber die Liste der zu erledigenden Dinge wurde einfach nicht kürzer. Wenn man ein Loch gestopft hat, ist ein neues aufgetreten.

Ich komme, wie du vielleicht schon in den früheren Folgen gehört hast, aus einem Familienunternehmen. Wir hatten eine Werbeagentur, ein Fotostudio und eine Druckerei.

Bei uns war es undenkbar, dass etwas nicht fertig wird, egal wie spät es war, außer es war technisch wirklich unmöglich, weil die Druckmaschine einfach nicht schneller drucken konnte. Ansonsten wurde immer alles fertig, egal wie wenig Zeit dafür war. In mir war das so tief verankert: Koste es was es wolle, das Projekt muss fertig werden!

Das hat mich so sehr geprägt und immer mehr in inneren Stress und Panik versetzt. Und wie wir alle wissen, je gestresster wir sind, umso mehr geht schief oder fällt hinten runter. Ich habe dann angefangen, mich um Aufgaben zu kümmern, die nicht in meiner Verantwortung lagen, sondern beim Kunden waren, um ja alles fertig zu bekommen. Ich habe gelernt, das nicht mehr zu tun, weil das hat nur noch mehr Chaos und Unordnung reingebracht. Es gibt natürlich immer wieder Situationen, da kommt das eine zum anderen und dann ist die Zeit einfach super knapp. Dann versuchen wir natürlich alles möglich zu machen, gemeinsam mit dem Kunden oder der Kundin. Aber wenn das Projekt beim Kunden nicht die Priorität hat, die er von mir verlangt, dann muss es das für mich auch nicht haben. Diesen Ball spiele ich mittlerweile dem Kunden zurück. Dass ein Projekt rechtzeitig fertig wird, dafür sind beide Seiten verantwortlich.

Mittlerweile hole ich gleich bei Projektbeginn das Committent dafür ein. Mir wurde bei diesem Projekt mal wieder bewusst, wie wichtig es ist, meine Grenzen deutlich zu kommunizieren. Ich muss nicht jeden Fehler der anderen ausgleichen. Und es ist auch nicht meine Aufgabe, Verantwortung zu übernehmen, die beim Kunden liegt. Das war ein wichtiger Durchbruch für mich, denn früher habe ich oft versucht, es allen recht zu machen und alle Missstände auszugleichen. Das ist nicht nachhaltig, weder für mich noch für die Qualität des Projekts.

Heute achte ich viel stärker darauf, meine Verantwortung und die des Kunden klar zu trennen und das auch zu kommunizieren bzw. von Anfang an klar zu machen, was ist meine Verantwortung und was ist deine. Etwas, was ich vorher nicht gemacht habe und mir erst durch dieses Chaos klar wurde, war die Bedeutung von Erwartungsmanagement. Es ist so wichtig, gleich zu Beginn eines Projektes klar zu kommunizieren, was beide Seiten erwarten. Oft hat ein Kunde eine Vorstellung von dem, was sie bekommen und man selbst hat vielleicht eine ganz andere Vorstellung, weil man ist ja viel tiefer in der Materie drin. Wenn diese Erwartungen jetzt nicht zusammenpassen und nicht klar formuliert werden, kann das zu großen Problemen führen.

Heute achte ich darauf, dass wir gleich zu Beginn klären, was bekommst du von mir, was erwarte ich von dir, was erwartest du von mir, was muss jeder von uns beitragen damit das Projekt gut abläuft, was ist unsere gemeinsame Vision für dieses Projekt? Gerade die Deadlines für die Lieferung von wichtigen Unterlagen und Inhalten ist super wichtig von Anfang an anzusprechen. Das hat die Zusammenarbeit und den Arbeitsablauf enorm verbessert.

Spannend war in dem Projekt auch zu sehen, wie stark die Führung eines Unternehmens die Unternehmenskultur beeinflusst. Im Unternehmen meines Kunden gab es keine funktionierende Fehlerkultur. Es ging ständig darum, wer schuld ist, anstelle sich zu fragen, was können wir jetzt tun, um das Projekt zu einem guten Abschluss zu bringen. Im Feedback-Gespräch kann man dann besprechen, warum der Fehler passiert ist und wie man ihn in Zukunft vermeiden kann. Das ist ein Punkt, den ich mittlerweile viel stärker anspreche und auch immer im Blick habe. Eine gute Fehlerkultur ist entscheidend für den langfristigen Erfolg, verbessert das Arbeitsklima und spart tatsächlich am Ende auch Geld.

Das Projekt hatte 2019 angefangen. Damals habe ich noch an meinem Produkt gearbeitet und war erst auf dem Weg zu der Positionierung, die mein Unternehmen heute hat. Heute bin ich viel klarer in meiner Kommunikation nach außen und das ist schon der erste Schritt im Erwartungsmanagement. Wenn die Kommunikation klar und stringent ist, weiß man gleich, woran man ist. Durch meine Unternehmensidentität ziehe ich auch viel mehr die Kunden an, die zu mir passen. Kunden, die meine Arbeitsweise und meine Werte teilen. Das macht die Zusammenarbeit viel angenehmer und führt dazu, dass wir gemeinsam wachsen und Neues erschaffen können. Es gibt eine Dynamik, die entsteht, wenn man mit den richtigen Menschen arbeitet. Und das gibt mir unglaublich viel Energie. Wenn es passt, dann macht die Arbeit nicht nur Spaß, sondern bringt uns alle weiter. Und die Arbeit wird auch viel besser.

 

Am Schluss wurde übrigens alles rechtzeitig zur Messe fertig. Die Webseite war live, alle Sachen fehlerfrei gedruckt. Mittlerweile habe ich die Betreuung an einen Kollegen abgegeben, der einfach besser zu dem Unternehmen passt. Man lernt mit der Zeit, dass es okay ist, dass man nicht für jeden Kunden die richtige Wahl ist. Das muss man auch nicht sein.

Hier nochmal meine wichtigsten fünf Learnings aus diesem Projekt kurz zusammengefasst:

1. Klare Kommunikation

Schriftliche Protokolle und klare Deadlines sind unverzichtbar, um Missverständnisse zu vermeiden und den Überblick zu behalten.

2. Grenzen setzen

Du musst nicht die Verantwortung für Fehler übernehmen, die am Kunden liegen. Klare Absprachen sind da wirklich entscheidend.

3. Erwartungsmanagement

Gleich zu Beginn deines Projekts die Erwartungen beider Seiten klären. Das verhindert spätere Enttäuschungen und Mehraufwand.

4. Bauchgefühl vertrauen

Wenn sich ein Projekt von Anfang an nicht stimmig anfühlt, ist es oft besser es nicht anzunehmen.

5. Fehlerkultur

Eine funktionierende Fehlerkultur ist wichtig. Statt Schuldzuweisungen sollte der Fokus darauf liegen, wie Fehler in Zukunft vermieden werden können.

Wie machst du das in deinem Unternehmen? Hast du auch schon mal so ein Projekt so richtig in den Sand gesetzt?

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Und wenn du Themenwünsche hast, die du gerne in zukünftigen Folgen besprochen haben möchtest oder es etwas gibt, was du mich schon immer fragen wolltest, dann lass es mich wissen. Ich freue mich darauf, dich ein Stück bei deiner Reise als Unternehmerin oder Unternehmer zu begleiten. Bis zum nächsten Mal.