Erwartungsmanagement
Der Podcast in Worten – das Transkript für alle Leser:
Fangen wir mal ganz von vorne an. Viele Erwartungen übernehmen wir unbewusst von außen, von unseren Eltern, der Familie, der Schule, der Gesellschaft. Schon als Kinder lernen wir, was richtig und falsch ist, was von uns erwartet wird und wie wir uns verhalten sollen. Diese Prägungen begleiten uns oft ein Leben lang, ohne dass wir sie hinterfragen. Vielleicht hattest du als Kind die Erwartung, dass du immer die Klassenbeste oder der Klassenbeste sein musst oder dass du alles im Griff haben solltest. Solche Erwartungen prägen uns und können im Erwachsenenalter weiterwirken, ohne dass wir es merken. Aber das Problem mit den Erwartungen ist, sie sind nicht immer realistisch und manchmal auch gar nicht mehr relevant. Aber sie führen oft dazu, dass wir uns überfordern und selbst unter Druck setzen und versuchen, es allen recht zu machen. Und genau hier setzt Erwartungsmanagement an.
Warum ist Erwartungsmanagement wichtig?
Im beruflichen Alltag ist Erwartungsmanagement entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden und Projekte erfolgreich voranzubringen und abzuschließen. Als Unternehmerin oder Unternehmer und generell als Mensch prasseln ständige Erwartungen auf dich ein. Von Kunden, Kolleginnen und dann auch noch von sich selbst. Wichtig ist, eine frühe und offene Kommunikation.
Der erste Schritt zu gutem Erwartungsmanagement ist eine klare Kommunikation
Es ist wichtig, frühzeitig abzuklären, was will genau der Kunde oder das Team erreichen? Was ist überhaupt realistisch zu erreichen? Welche Ressourcen und Zeitrahmen stehen zur Verfügung? Und wenn du diese Fragen von Anfang an geklärt hast, vermeidest du später Enttäuschungen, Chaos und Missmanagement. Klare Kommunikation schafft Vertrauen und sorgt dafür, dass alle Beteiligten dasselbe Ziel vor Augen haben. Ich habe das gemerkt, denn ich habe das am Anfang nicht so wirklich gemacht. Was passiert ist, dass für mich oft klar war, naja, ist es eh logisch, was passieren muss. Wenn man zum Beispiel eine Webseite neu macht, was der Kunde liefern muss und was mein Teil ist. Und im Verlauf des Projektes habe ich festgestellt, nee, ist es nicht. Im Nachhinein kann ich natürlich sagen, ist ja logisch, dass es das nicht ist. Aber wenn man so in seinem Fachgebiet drin steckt, realisiert man manchmal gar nicht mehr, was für einen selbstverständlich ist, aber für Branchenfremde nicht. Kommen wir zu einem weiteren wichtigen Punkt.
Schriftliche Vereinbarungen
Halte Absprachen schriftlich fest. Warum? Weil Missverständnisse oft entstehen, wenn Dinge nur mündlich besprochen werden. Ein schriftlicher Plan, sei es ein Vertrag, eine E-Mail oder ein Projektplan, schaffen Klarheit darüber, wer was wann zu liefern hat und ist dann auch die Basis für den Fall, dass das Projekt mal nicht so gut laufen sollte, dass man einfach noch mal klar die Verantwortung definieren kann und sicherstellen kann.
Realistische Zeitpläne
Realistische Zeitpläne setzen ist ein weiterer wichtiger Punkt. Besonders bei größeren Projekten ist es entscheidend, realistische Zeitpläne zu setzen und Pufferzeiten einzuplanen. Wenn du von Anfang an knappe Deadlines setzt, erzeugst du nur unnötigen Druck für dich und dein Team. Ich spreche aus leidvoller Erfahrung. Bei Identitätsprozessen oder Branding vergessen oder unterschätzen die meisten Unternehmerinnen oder Unternehmer, wie viel Zeit das beansprucht. Und planen dann nicht ein, dass die Dinge nacharbeiten, dass sie darüber nachdenken müssen, dass sie Informationen zusammentragen müssen und das im Kopf vielleicht funktioniert, aber das Tagesgeschäft dann dazwischen crasht. Und dann sind manchmal die irgendwelche Aktivitäten weiter geplant unabhängig davon, wann das Projekt zu Ende ist. Wenn das von Anfang an nicht realistisch war, kommt ein unglaublicher Druck und Stress rein, was auch teilweise die Qualität der Arbeit beeinflusst und natürlich auch ein Kostenfaktor ist. Und da ist dann wichtig, dass man wirklich klare Grenzen setzt. Es ist meine Aufgabe, dass ich meinen Kunden oder meine Kundinnen klare Deadlines setze, unterstütze, wie lange das braucht, welche Inhalte sie liefern müssen. Aber es gibt auch Kunden und Kundinnen, bei denen ist es egal, wie gut man das im Vorhinein vereinbart hat. Die kommen immer wieder mit neuen Sachen und neuen Themen daher und ändern und hin und her und alles mögliche, das dann über den ursprünglichen Rahmen hinausgeht. Und wenn du von Anfang an klar kommunizierst, was im Leistungsumfang enthalten ist und was nicht, spart man sich damit unglaublich viel Arbeit und Zeit.
Jeder Designer hat das wahrscheinlich leidvoll lernen müssen, dass man relativ schnell anfängt, die Anzahl der Korrekturrunden zu begrenzen im Angebot. Ansonsten dreht man einfach mal 15 Schleifen. Ich habe das gottseidank schon im Familienunternehmen gelernt und daraus einfach übernommen. Wir hatten da mal einen Fall, da haben wir eine Broschüre gemacht für einen Nachtclub. Die war fix und fertig für die Druckfreigabe, alles aufbereitet. Dann kam das Feedback: Meine Frau hat sich jetzt angeschaut und sie gefällt ihr überhaupt nicht. Sie möchte sie bitte ganz anders, viel heller und freundlicher. Das war ein Nachtclub. Also haben wir noch mal komplett bei null angefangen, neue Fotos, neues Design, alles neu gemacht, nur damit dann am Ende, kurz vor der Druckfreigabe, die Frau wieder drüber geschaut hat und es wieder anders wollte. Dann haben wir es zum dritten Mal gemacht. Wenn man sowas nicht schriftlich gut geregelt hat und klar abgegrenzt hat, was der Kunde oder die Kundin erwarten können, kann ein sowas wirtschaftlich wirklich schwer treffen. In dem Fall haben wir es einfach dreimal berechnet. Das waren noch die Zeiten, wo Nachtclubs richtig gut gelaufen sind, vor circa 20 Jahren.
Werbungs-Realitäts-Check
Ein wichtiger Punkt, der wirklich für alle Unternehmerinnen und Unternehmer auch noch relevant ist, ist der Werbungs-Realitäts-Check. Und gerade wenn man etwas wirbt oder über etwas kommuniziert, ist es unglaublich wichtig, Erwartungsmanagement zu betreiben. Fragt sich, ist dem Kunden oder der Kundin klar, was er oder sie erwarten kann und was nicht? Kann ich das, was ich verspreche, auch wirklich einhalten? Kann ich diese Erwartungen, die ich erwecke, auch wirklich liefern und erfüllen? Mir ging es mal bei einem Seminar so, dass ich gebucht habe, das klang, als ob es das genau das Richtige ist und ich war sehr enttäuscht und total genervt und habe mir dann überlegt, warum bin ich eigentlich gerade so genervt? Was müsste anders sein, damit ich es gut fände? Ich bin dann draufgekommen, dass in der Bewerbung das Seminar so klang, als ob es schon für Fortgeschrittene gewesen wäre. Aber man absolut bei den Basics angefangen hat. Das war an sich, war das Seminar nicht schlecht, aber die Erwartungen, die durch die Kommunikation geweckt wurden, waren komplett andere. Und somit war ich eigentlich die meiste Zeit gelangweilt und habe mich darüber geärgert, dass ich dafür Geld ausgegeben habe. Und deswegen ist es so wichtig, dass man wirklich überprüft, ob man das leistet, was man verspricht. Und da hilft es auch manchmal, einen externen Blick einzuholen oder ehrliches Feedback von jemandem zu bekommen.
Da muss man dann auch ehrlich mit sich selbst sein, ob man das, was man bewirbt, auch liefern kann oder ob es nur schön wäre, wenn man das könnte. Es passiert auch manchmal, dass es das Gegenteil ist, dass die Leute viel mehr bekommen, als man bewirbt. Auch das ist genau genommen Enttäuschung. Auch da muss man ehrlich mit sich selber sein. Was biete ich und was biete ich nicht? Klare Kommunikation kann in dem Fall so viele Enttäuschungen vermeiden, für dich und für deine Kundinnen und Kunden. Und am Ende sorgt sie dafür, dass deine Kunden zufriedener sind, dein Angebot besser einschätzen können, wiederkommen und dich vielleicht auch noch weiterempfehlen.
Persönliche Erwartungen
Das war es jetzt mal aus beruflicher Sicht. Jetzt gibt es ja noch den zwischenmenschlichen Bereich. Viele von uns tragen eine Riesenlast an Erwartungen mit sich herum. Wir versuchen, den Erwartungen unserer Kunden, Mitarbeiter, Partner, Freunde und auch der Gesellschaft teilweise gerecht zu werden und setzen uns dabei selbst oft noch zusätzlich unter Druck. Das Problem ist, oft glauben wir nur, dass andere bestimmte Erwartungen an uns haben. Manchmal gibt es auch unausgesprochene Erwartungen, die uns belasten können, ohne dass sie jemals explizit gesagt werden. Ich war mal bei einem Schweige-Retreat und habe mir mit einer Freundin und einer Bekannten ein Apartment geteilt. Und das waren vier Tage. Wir durften weder verbal noch nonverbal kommunizieren. Das hat zu zahlreichen witzigen Situationen geführt. Und am Ende dieser vier Tage haben wir zusammen gefrühstückt, durften wieder reden und jede von uns hat sich für irgendwas entschuldigt, weil sie das Gefühl hatte, dass die anderen erwartet hätte, dass sie jetzt irgendwas machen. Und bei jedem der Dinge, wofür sich die andere entschuldigt hat, haben wir uns mal gedacht, Hä? Was spricht die eigentlich? Das war gar kein Thema.
Kennst du so Situationen, wo du schon angenommen hast, dass irgendjemand was Bestimmtes von dir erwartet, nur um dann festzustellen, dass das gar nicht der Fall ist? Merkt man auch, finde ich, oft bei so einem Beispiel, wenn man davon ausgeht, dass der Kunde oder die Kundin erwartet, dass man sofort auf E-Mails antwortet oder irgendwas sofort erledigt, der Kunde oder die Kundin das aber gar nicht, für die gar nicht relevant ist. Man macht sich dann den totalen Stress, um schnell zu antworten oder es zu erledigen, was überhaupt nicht notwendig gewesen wäre, wenn man das mal offen anspricht. Und um das mal ganz offiziell gesagt zu haben, von mir bekommt man nicht immer sofort innerhalb der nächsten Stunde eine Antwort.
Es kann 24 Stunden dauern, es kann mal 48 Stunden dauern und wenn es zwar wichtig, aber nicht eilig ist, sogar noch länger. Aber ich antworte immer. Natürlich habe ich jetzt auch noch ein paar praktische Tipps, wie ich mit Erwartungen umgehe.
Praktische Tipps zum Umgang mit Erwartungen
1. Erwartungen bewusst machen
Wir überlegen, welche Erwartungen ich an mich selbst habe und ob sie wirklich meine sind, ob sie realistisch sind und ob sie überhaupt mit meinen Werten übereinstimmen. Und ob sie relevant sind.
2. Klare Kommunikation
Das heißt, ich spreche offen über meine Erwartungen. Sowohl bei beruflichen Dingen, als auch im zwischenmenschlichen Bereich. Was erwarte ich von anderen? Was erwarte ich von mir? Es gibt natürlich Dinge, die ich zum Beispiel von meinen Mitarbeiterinnen erwarte. Es gibt Dinge, die ich nicht von ihnen erwarte, die vielleicht andere Arbeitgeber immer von ihnen erwartet haben. Das verwirrt sie übrigens sehr, wenn ich dann sage, dass mir das vollkommen egal ist.
3. Klare Grenzen setzen
Ich muss nicht jede Erwartung anfühlen, die an mich gestellt wird. Wenn jemand etwas von mir erwartet, ist es nicht mein Ding, sondern seins. Wenn es jetzt um fachliche Themen geht, die im beruflichen Kontext auftragsbezogen von mir erwartet werden, werde ich die natürlich erfüllen. Aber wenn es über das hinausgeht, setze ich klare Grenzen, um mich so auch vor Überforderung zu schützen. Da sind wir gleich bei viertens.
4. Hinterfrage Erwartungen von anderen
Einfach mal nachfragen, wenn man sich unsicher ist, ob jemand was Bestimmtes erwartet. Und klare Kommunikation nimmt da oft den Druck raus, wenn man den Kundinnen oder den Kunden einfach mal fragt, und was erwarten sie von mir in dem Prozess? Welches Ergebnis erwarten sie? Wie soll die Zusammenarbeit ausschauen? Was brauchen sie? Was brauchen sie nicht? Und als fünftens, lernen Erwartungen loszulassen. Du musst nicht perfekt sein. Konzentriere dich auf das, was für dich wirklich zählt, und lasse Erwartungen los, die nicht zu dir passen. Es bringt einen nicht voran, irgendwelche Erwartungen von Menschen zu erfüllen, die einem gar nicht wichtig sind, und die für das eigene Leben und den Erfolg und das Unternehmen irrelevant sind.
In der Folge, wenn der Wurm drin ist, habe ich auch noch mal über das Thema Erwartungsmanagement konkret bei einem Projekt gesprochen. Das kann ich dir in die Shownotes verlinken. Und demnächst kommt noch mal eine extra Folge über die Erwartungen im Familienunternehmen.
Am Ende geht es beim Erwartungsmanagement darum, klare Kommunikation zu fördern, realistische Ziele zu setzen und bewusste Entscheidungen zu treffen, damit man Missverständnisse vermeidet und mit mehr Leichtigkeit und Fokus arbeitet, ob im beruflichen oder im privaten Kontext. Bist du schon mal an deinen Erwartungen gescheitert, oder vielleicht auch an denen von anderen? Lass es mich gerne wissen.
Wenn dir diese Folge gefallen hat und du mehr über wertebasierte Unternehmensidentität, Design, Persönlichkeitsentwicklung und über meine Reise als Unternehmerin erfahren möchtest, dann abonniere meinen Podcast WERR spricht, um keine Folge zu verpassen. Du kannst mir auf LinkedIn folgen, dort findest du mich unter Anna WERR und meine Newsletter abonnieren, um noch mehr Inhalte und Updates zu bekommen.
Und wenn du Themenwünsche hast, die du gern in zukünftigen Folgen besprochen haben möchtest, oder es etwas gibt, was du mich schon immer fragen wolltest, dann lass es mich wissen. Ich freue mich darauf, dich ein Stück bei deiner Reise als Unternehmerin oder Unternehmer zu begleiten.