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Werr spricht! mit Christine Friedreich über Gastfreundschaft fürs Business

Was bedeutet wahre Gastfreundschaft, und warum geht sie weit über gutes Essen und ein schönes Ambiente hinaus? In dieser Folge spreche ich mit Christine Friedreich – Unternehmerin, Speakerin und absolute Expertin, wenn es um Hospitality geht. Sie teilt mit uns, warum Gastfreundschaft eine Haltung ist, die Unternehmen erfolgreicher macht, Führungskräfte stärkt und am Ende den Unterschied zwischen einer durchschnittlichen und einer außergewöhnlichen Unternehmenskultur ausmacht.

Wir sprechen darüber, wie Hospitality sich auf Teams, Kundenbeziehungen und sogar auf die eigene Selbstführung auswirkt. Christine gibt wertvolle Impulse, wie man nicht nur ein guter Gastgeber für andere, sondern auch für sich selbst sein kann. Und natürlich werfen wir einen Blick darauf, was Unternehmen oft falsch machen, wenn sie Gastfreundschaft nur als Marketingstrategie verstehen. Ein inspirierendes Gespräch voller praxisnaher Erkenntnisse – unbedingt reinhören!

Der Podcast in Worten – das Transkript für alle Leser:

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Werr spricht. Heute habe ich einen ganz besonderen Gast, wenn es um echte Gastfreundschaft geht: Christine Friedreich. Sie ist Unternehmerin, Speakerin und die Queen of Hospitality. Leidenschaftliche Gastgeberin und beschäftigt sich seit Jahren mit der Frage, was bedeutet echte Gastfreundschaft und warum geht es dabei? Um weit mehr als gutes Essen und schönes Ambiente? Ich freue mich heute über das Gespräch. Schön, dass du da bist, liebe Christine.

Christine
Vielen Dank für die Einladung. Schön, dass ich dein Gast sein darf.

Anna
Wenn Gastfreundschaft eine Person wäre, wie würde sie sich verhalten und was würde sie sagen und was auf gar keinen Fall tun?

Christine
Spannende Frage. Wenn es eine Person wäre, sie wäre einfach sie selbst. Ich glaube, das ist das Wichtigste, dass sie sich klar sein muss, wer sie ist, was ihre Werte sind, was sie ausstrahlen will, was sie in der Welt verändern will, wofür sie und für wen sie da ist.

Anna
Das ist eine super Antwort. Ich merke, was ich gerade total spannend finde, ich merke, wie mich das entspannt. Ich merke, wie man sich dann denkt, man muss gar nicht viel tun, man muss einfach man selbst sein. Das ist eine sehr schöne Antwort.

Christine
War aber auch ein langer Weg bei mir, um zu diesem Statement zu kommen und das nämlich auch zu spüren. Weil oft ist man im Außen, wenn man an eine Person denkt, denkt man oft immer an etwas im Außen. Aber es ist alles in uns drinnen.

Anna
Aber es ist alles in uns drinnen. Du hast gesagt, auch die Werte klar haben. Gastfreundschaft ist ja ein Wertesystem, also ein Zusammenschluss von verschiedenen Werten, wo wir alle ein bisschen was anderes drunter verstehen. Welche Werte machen für dich dann Gastfreundschaft aus? Wie definierst du es denn?

Christine
Also wenn wir uns mal die Werte anschauen, dann ist es für mich definitiv die Herzlichkeit, die Authentizität und die Neugierde. Ich versuche immer, mich selbst auch in drei Werten zu beschreiben, weil ich finde, das ist dann die Klarheit. Die Neugierde, das Interesse auch umzulegen, also das ist es definitiv, was es ausmacht. Gastfreundschaft ist für mich, Menschen zu sehen, zu sehen in ihren Bedürfnissen, in ihren Anliegen, in ihren Wünschen und auch in ihrer Individualität.

Anna
Das sind jetzt alles Dinge, die man auch als Unternehmerin und Unternehmer oder Führungskraft extrem gut brauchen kann und haben sollte. Also der beschreibt eigentlich schon, das hast du mir quasi meine Frage nach vorne gezogen, weil das ja genau das ist, was eigentlich eine gute Führungskraft ausmacht. Würdest du sagen, dass Hospitality etwas ist, was Unternehmen dringend brauchen und oft unterschätzt wird?

Christine
Absolut. Vor zwölf Jahren, wie ich gegründet habe, war mir das im Kopf klar, dass es genau das ist, was alle Unternehmen brauchen. Dieses Konzept der Gastfreundschaft aus Hotellerie und Gastronomie, wo ich meine Wurzeln habe, auf andere Branchen umzulegen. Das aber wiederum zu artikulieren und in die Menschen zu bringen, das sehe ich jetzt zwölf Jahre später ganz anders, weil ich zwölf Jahre Erfahrungen mehr habe, selbst reicher bin an Erfahrungen, selbst Führungskraft war, selbst drei Unternehmen aufgebaut habe und viele, viele Projekte initiiert habe und ihnen zum Erfolg verholfen habe und auch sehr oft gescheitert bin. Und ich glaube deshalb sehe ich es heute wichtiger denn je, dass Gastfreundschaft das ist, was wir alle brauchen. Wir sind alle tagtäglich Gast und Gastgeber und in allererster Linie sind wir, wenn wir auf den Business-Kontext schauen, sind wir als Führungskraft Gastgeber für unser Team, Gastgeberin für unser Team. Wir sind Gäste bei unseren Chefs, bei unseren Unternehmen in den Organisationen. Wir sind Gast, ich komme gerade von einem Business Breakfast, dort bin ich Gast. Also wir sind laufend in unserem Umfeld in dieser Rolle des Gastes, der Gästin und der Gastgeberin.

Anna
Wenn du jetzt in ein Unternehmen kommst, das eine unglaublich schlechte Unternehmenskultur hat, welche drei Dinge würdest du als erstes ändern in Bezug auf Hospitality?

Christine
Eine sehr tiefgehende Frage, weil meistens ist es die Führung und die Kommunikation. Also es sind zwei Dinge, weil an dem scheitert es meistens. Dass die Menschen nicht gehört werden. Jeder Mensch will oder ich setze es mal voraus, dass jeder Mensch will. Und ich sehe auch sehr oft in Projekten, wenn man sagt, wir wollen deinen Stil, deine Konzepte, wir wollen mit dir arbeiten, dass ich dann draufkomme, ja dein Team will es auch, aber sie dürfen oft nicht. Oder es fehlt oft dieses Empowerment und da sehe ich mich selbst auch in der Pflicht, dass ich oft selbst nicht erkannt habe oder im Rückspiegel einfach, dass ich oft auch selbst nicht erkannt habe, was es braucht in der Führung, in der Kommunikation, weil man dann eben im Außen ist. Und da kommen wir dann vielleicht später nochmal darauf hin, aber das ist ein Punkt, der mir einfach auch durch meine Auszeit ja auch so wichtig ist, sich selbst wie den besten Gast zu behandeln. Weil wir schauen dann, dass es allen anderen gut geht, aber ich kann nur eine gute Führungskraft sein, ich kann nur gut zuhören und gut und klar kommunizieren, wenn ich mich selbst spüre und mich selbst wie einen guten Gast behandle. Also das waren jetzt viele Themen in kurzer Zusammenfassung.

Anna
Was ich auch die Erfahrung gemacht habe, was dann bei Führungskräften oft das Thema ist oder auch Chefs oder Unternehmerinnen und Unternehmer, die wollen ja auch gehört werden, weil du jetzt vorhin gesagt hast, jeder will gehört werden. Und das finde ich dann oft spannend, weil dann, was ich einfach erlebt bei meinen Kunden und Kundinnen, dass dieses ja aber die und die, also die da oben, die da unten und das ein ewiges Thema ist und genau das, was du jetzt sagst, dass man sich selber auch hören muss, das ist ja schon mal der erste Schritt auch als Führungskraft oder als Unternehmerin, ich merke das selber. Meine Mitarbeiterinnen, die können nur, also die reflektieren mir das einfach. Wenn ich meine Grenzen nicht setze oder ich nicht die Klarheit für mich habe, kriege ich das eins zu eins zurück. Also das ist wirklich ein super wichtiger Punkt, den du da gerade angesprochen hast.

Christine
Und das ist aber auch eine, man zeigt sich, wenn man diese Einladung ausspricht an sein Team und ich habe es vor der Zeit, wo mir es dann selbst nicht gut ging, auch geschafft und mein Team hat mir Feedback gegeben, schonungslos Feedback gegeben, weil ich es auch eingefordert habe. Und das zu nehmen und dieses Feedback annehmen zu können und sich quasi splitterfasernackt vor das Team zu stellen und zu sagen, auch ich habe meine Fehler, auch ich bin verletzbar, auch ich bin nicht perfekt, was ja sehr viele Chefs und Chefinnen glauben. Das heißt, diese Dinge zu ermöglichen, das ist die wahre Kunst und da sind wir wieder dann auch bei der Gastfreundschaft.

Anna
Wir reden jetzt gerade immer über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber es gibt ja noch die Kunden. Und viele Unternehmen reden über Customer Experience und die Customer Journey zu optimieren und alles. Aber ist das allein schon wirklich Gastfreundschaft, wenn man schaut, dass es aus Marketingsicht gut funktioniert und die Rendite passt? Was gehört denn da eigentlich dazu?

Christine
Also da kommen wir jetzt eben genau zu dieser Leiter, dieses behandle dich selbst wie einen guten Gast, behandle dein Team wie einen guten Gast und dann kannst du die Kunden oder auch die Lieferanten. Weil das ist das, was ich auch bei sehr vielen Organisationen und Konzernen beobachtet habe. Wir haben eine tolle Kommunikation nach außen. Wir leben im Werbezeitalter, wo es sehr stark um diesen Außenauftritt geht. Aber ich habe verabsäumt zu schauen, sind die Prozesse optimal? Läuft es Innen ? Laufen alle Räder ineinander, greifen die ineinander? Also diese Dinge sich anzuschauen und ich habe jetzt den zweiten Teil deiner Frage vergessen. Bitte ergänzt ihn nochmal.

Anna
Ob das Marketing allein schon eine gute Gastfreundschaft ausmacht oder ob es eigentlich viel mehr ist als nur ….

Christine
Ja, danke. Also ich habe das bei einer Bank und ich möchte sie jetzt nicht namentlich nennen, die haben lange in Österreich die beste Kommunikation gehabt, weit allen voraus. Aber sie hatten intern die Prozesse noch nicht definiert. Sie haben noch nicht geschafft, dass diese Botschaft, die sie nach außen getragen haben, von den Mitarbeitern gelebt werden.

Das heißt, sie haben ein Hospitality Mindset nach außen kommuniziert, weil das Marketing war gut, die Kommunikation war exzellent. Aber dieses Hospitality Mindset, dieses Gastgeber Mindset, das sehe ich jetzt. Ich habe vor zehn Jahren, glaube ich, einen Kredit bei einer Bank gebraucht und war bei vielen Banken und haben gedacht, zu der Bank werde ich gehen. Jetzt sind sie gastfreundlich, jetzt werde ich dort gesehen. Aber damals war das diametral auseinander. Und das ist so ein Thema, dass oft diese Marketingabteilungen, die Kommunikation, die Grafik, Social Media, die sind innovativ, die sind der Puls der Zeit. Aber gerade eine träge Organisation kann nicht das, was es braucht, so schnell mitziehen, wie jetzt in der Kommunikation das nach außen zu tragen. Das ist oft gerade, weil wir sehr viele, auch große Organisationen haben, war das eine Schwierigkeit. Und das ist das, was ich allen Unternehmen raten würde. Wenn sie sich mit dem Thema Hospitality, Gastfreundschaft, mit diesem Hospitality Mindset als Haltung, für mich ist es ja eine ganz klare Haltung, dass ich meinen Mitarbeitern, meinen Kunden zuhöre und ihre Bedürfnisse wahrnehme, das gleich Hand in Hand oder davor zu machen. Ich war zum Beispiel vor meiner Unternehmerinnenzeit bei A1 und ich sage immer, mein schönster Tag bei A1 war der im Shop, weil ich verstanden habe, was der Kunde wirklich will. Weil im Produktmanagement und von irgendwelchen Analysen habe ich das nicht mitbekommen oder nur sehr gefiltert.

Anna
Ja, das ist ja oft so. Und ich kann, also das Thema Marketing und dass das Marketing weiter ist, das kenne ich, das passiert oft, auch bei kleineren Unternehmen, weil viele Marketing noch als das machen die – und nicht als Unternehmer oder Unternehmerin Sache ansehen. Und genau diese Werte definieren, die Botschaften, es muss eigentlich vorher definiert werden, bevor man es nach außen kommuniziert. Und man sollte, weil Identität ist ja das, wo sich die Haltung dahinter und das, was ist, einfach darstellt durch das Aussehen, die Sprache und das Verhalten. Und da ist oft dann eine Diskrepanz, wenn man gutes Marketing hat, aber das Marketing halt nur eine Abteilung ist und nicht den Unternehmenskern widerspiegelt.

Christine
Und ich muss sagen, das Marketing wird auch oft, oder Kommunikation würde ich jetzt noch eher sagen, wird oft abgetan, als das kann ja eh jeder. Weil wir sind alle aus Social Media, wir kennen uns alle aus, wie das geht und es ist wie bei Gastfreundschaft. Es kann auch jeder mitreden. Wir haben in Österreich neun Millionen Hospitality-Experten. Absolut, weil jeder ist Gast und Gastgeber, jeder Wahlmann in einem Hotel, in einer Gastronomie und weiß daher, wie es geht. Und ähnlich bemerke ich es immer wieder, wenn ich mit Freunden und Bekannten oder Unternehmen im Social-Media-Kommunikationsbereich spreche. Denen geht es genau gleich. Social Media ist ja nur schnell ein Posting. Das machst du ja mit Links.

Anna
Und die vertriebslastigen Unternehmen, vor allen Dingen Familienunternehmen, die brauchen Marketing sowieso nicht, weil das ist sehr, sehr schmal.

Christine
Also ich glaube, da ist es einfach wichtig, Bewusstsein zu schaffen.

Anna
Du hast vorhin immer wieder gesagt, dass man jemand wie einen guten Gast behandeln soll. Wie behandelt man denn jemand als guten Gast?

Christine
Es geht um das Sehen. Für mich ist das ein neuer Slogan, den ich für mich habe. Menschen, die sich gesehen fühlen, bleiben, kaufen und kommen immer wieder zurück. Und dieses Menschen zu sehen, kann ich auf alle Unternehmen eben umlegen. Und auf alles, wo wir Menschen agieren. Es ist egal, ob ich ein Hotel entwickle, weil ich gerade von so einem Termin komme, wo es darum geht, ist es ein Business-Gast, ist es ein Privatgast, ist es die Familie, ist es die Alleinreisende oder der Alleinreisende. Es ist genauso individuell zu sehen und zu behandeln, wie wenn ich jetzt als Agentur mir jemanden anschaue und sage, wer seid ihr? Welche Werte wollt ihr, um jetzt auf dein Business zurückzukommen, welche Werte sollen denn kommuniziert werden? Wie soll der Außenauftritt sein? Und das kommt aus der Gastronomie oder aufs Hotel wird es schon sehr gut auf den Menschen oder diese Gastfreundschaft haben wir dort am Beginn schon sehr stark gelebt. Das heißt, wir sehen das, welche Bedürfnisse es hat, wir haben eine große Auswahl, wir haben ein Angebot und können auf die Menschen auch eingehen. Jetzt zu erkennen, wenn wir jetzt gerade über Wein sprechen oder über Alkoholkonsum, das hat sich verändert, ist man eher Bier-Weintrinker, Natural Wine, also es gibt eine Vielfalt.  Und da auch das zu spüren und nicht jemandem etwas einzureden, weil es mir gefällt. Also diese Ich-Perspektive, dass wir haben, ich finde das gut und deshalb musst es du auch gut finden. Das ist sehr veraltet.

Anna
Bei den Getränken ist es sehr spannend, weil ich trinke mehr oder weniger keinen Alkohol, weil ich gegen so ziemlich alles allergisch bin. Das heißt, ich bin für viele Gastronomen tatsächlich oft ein Problem, bzw. weil es hat sich geändert. Wenn man sich überlegt, was ist vor 20 Jahren, da gab es die Johannisbeerschorle, die Apfelsaftschorle oder gespritzte Apfelsaft und irgendwie Wasser, Spezi und Cola, Fanta. Mittlerweile hat sich da total viel getan, weil sich doch auch die Gesellschaft verändert hat und einfach mehr angekommen ist, dass man auch mal keinen Alkohol trinkt.

Christine
Ja, stimme ich dir zu, wobei das auch eine Bubble ist, in der wir uns befinden. Ich merke, dass das natürlich in dem Umfeld ist. Ich versuche mich immer im Benchmarks- und Unternehmenumfeld zu bewegen, die so ticken und in der Gastronomie. Aber da ist auch noch ein weiter Weg zu gehen. Dass man sagt, es ist selbstverständlich, dass ich meine alkoholfreie Alternative genauso im Weinglas, Weißwein oder Rotweinglas bekomme, dass das auch entsprechend aussieht, dass das keine Stigmatisierung mehr ist. Und da hat sich schon viel geändert, aber es ist noch immer gerade in sehr vielen Regionen, Bereichen und Betrieben ein großer Weg, der hier noch zu gehen ist.

Anna
Das ist aber auch ein schönes Beispiel, wie man als Unternehmer dann auf seine Kunden eingeht, dass man die Kunden, die andere Bedürfnisse haben, nicht herabwertet, weil sie nicht den eigenen Vorstellungen oder der gesellschaftlichen Normen sprechen.

Christine
Absolut, genau das ist es und das ist etwas, das kann ich nicht. Ich sage immer, es gibt, weil viele glauben, dass Hospitality Service so ähnlich ist. Und es ist für mich ein großer Unterschied.

Service ist eine Abfolge von unzähligen Prozessen. Es gibt den Serviceablauf, wie serviere ich etwas, wie wird bei mir hier im Büro Kaffee, Tee serviert, wenn ein Gast kommt. Das sind Prozesse. Aber Hospitality ist das, auf das Gegenüber einzugehen und herauszufinden, was möchte die Person vielleicht trinken. Diese Person zu sehen und auch selbstverantwortlich zu handeln. Hospitality ist ja auch, dass du diese Haltung hast, dass du die Menschen siehst und dass du jetzt nicht einfach den Prozessen folgst, sondern dass du den Hausverstand wieder einsetzt. Eine Qualität, die jetzt Gott sei Dank wieder an Wert gewinnt, aber gefühlt in den letzten 20 Jahren immer wieder mal auf der Strecke geblieben ist, wenn wir uns nur mal in Werbung, Social Media und der digitalen Welt bewegen.

Anna
Das heißt aber dann für mich als Unternehmerin auch, dass ich für meine Mitarbeiterinnen, also Prozesse, Strukturen brauchen wir, generell, macht das Sinn, aber dass ich mehr Leitlinien vorgebe und auch diesen Spielraum lasse, dass sich meine Mitarbeiterinnen auch selbstverantwortlich entscheiden können, wenn ich Hospitality wirklich leben will. Also, dass es nicht nur die strikten Prozesse sind, sondern auch den Spielraum definiere und dann eigentlich nur noch den Raum halte und die Leitlinien vorgebe.

Christine
Genau. Es geht genau darum, weil es ja am Ende auch uns Unternehmerinnen, Chefs, Führungskräfte entlastet. Deshalb ist ja am Beginn dieser Arbeit so wichtig, dass ich sage, was sind diese Leitplanken, wenn wir jetzt visuell von der Straße sprechen, was sind diese Hospitality-Leitplanken, in denen wir uns als Organisation bewegen wollen. Und das auszuarbeiten, zu verdeutlichen, immer wieder zu wiederholen und gemeinsam zu arbeiten, das ist das, was am Beginn eigentlich jeder Organisationsentwicklung stehen sollte.

Anna
Wir haben jetzt ganz viel darüber geredet, was man als Gastgeber machen soll. Gibt es denn als Gast auch irgendwelche Empfehlungen, wie man ein guter Gast ist?

Christine
Ja, habe ich. Und wenn wir jetzt den Gast auch wieder auf den Partner, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Geschäftspartner runterbrechen, habe ich sicherlich auch aus sehr vielen Fehlern gelernt. Weil das Wichtigste ist die Klarheit. Und da war ich selbst auch immer wieder in der Rolle, dass ich gefallen wollte und es allen recht machen wollte. Und dann ärgere ich mich am Ende, weil irgendwas in die Hose geht. Das heißt, das ist auch das Beispiel aus der Gastronomie, wenn ich nicht sage, dass ich eine Allergie habe, dann wäre ich womöglich dann vom Sessel kippen. Und umgelegt aufs Unternehmer-Dasein habe ich in den letzten Jahren immer wieder den Fehler gemacht, dass ich nicht klar gesagt habe, was ich brauche, was ich mir erwarte von einer Zusammenarbeit, was ich mir erwarte von einer Kooperation. Und bin dann quasi im wahrsten Sinne des Wortes auch vom Sessel gerutscht.

Anna
Das ist sehr schön, weil heute geht gerade meine Podcast-Folge zum Thema Erwartungsmanagement online. Also das passt jetzt sehr gut, dass du das auch jetzt nochmal aufgreifst, dass man einfach auch die Erwartungen klar macht, einerseits als Gast, aber auch als Gastgeber oder Geberin.

Christine
Ja, also ich kann nicht erwarten, dass mein Team, mein Chef, meine Kollegen, meine Geschäftspartner in meinem Kopf sitzen und meine Gedanken lesen können. Und diese Erwartungshaltung haben wir aber so oft, weil wir nur bei uns sind, weil wir nur unsere Gedanken, unsere Einstellung, unser eigenes Wertesystem kennen.

Anna
Du hast vorhin gesagt, bei dir gibt es Strukturen oder Prozesse oder Regeln, wie auch immer, wie ein Kaffee bei dir im Büro einem Gast serviert wird. Welche weiteren Aspekte von Hospitality hast du denn in deinem Unternehmen implementiert?

Christine
Das sind mehrere Dinge und ich muss vielleicht kurz dazu sagen, dass ich ein Team, ein größeres hatte oder ein größeres, ich hatte fünf Mitarbeiterinnen und jetzt gerade auf zwei geringfügige reduziert habe, um einfach auch ein bisschen freier zu sein. Was habe ich implementiert? Es ist auf jeden Fall das Wohlfühlen. Das heißt, bei uns ist der Arbeitsbereich, also dort, wo explizit gearbeitet wird, ist unter anderem der Schreibtischbereich der kleinste. Ich sitze hier in einer Lounge beziehungsweise Bibliothek. Wir haben draußen eine Weinbar und einen sehr großen Meetingbereich. Wir haben eine eigene Küche und wir haben ein ruhiges Zimmer, das heißt stilles Zimmer, in dem man sich zurückziehen kann für, wenn mehr los ist, Telefonkonferenzen, Videokonferenzen und zum ruhigen Arbeiten. Das heißt, da auch zu schauen, dass dieses Wohlfühlen im Vordergrund steht. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass wir damals auch aufgrund unterschiedlicher Bedürfnisse, glaube ich, vier verschiedene Milchsorten im Angebot hatten. Dass es bei uns immer was zu essen gibt, dass es immer Wein und auch alkoholfreie Alternativen gibt, wo man auch auf etwas anstoßen kann. Dass wir, wenn ein Kunde, Gast, Partner zu uns ins Büro kommt, dass wir sagen, wie die Anreise erfolgt, wo man parken kann, wo man hineingeht. Ich hatte erst in Salzburg diese Woche einen Termin am Montag und das Büro zu finden war ein kleiner Hindernislauf. Es gab keine Beschilderung, ich wusste nur die Hausnummer. Das heißt, das sind Kleinigkeiten, die erleichtern mir die Anreise. Und wenn man sich anschaut, man kann sich auch da wieder viel, um das vielleicht nochmal zu verdeutlichen, von der Hotellerie nehmen. Wenn ich ein Hotelzimmer buche, finde ich mich gleich zurecht auf der Website, kann ich gleich buchen. Das heißt, weiß ich auch, wie ich anreise.

Oder dann auch, und dann vielleicht fast forward, ich trenne mich von einem Mitarbeiter einer Mitarbeiterin, analog zur Abreise aus dem Hotel. Bei der Abreise wünsche ich auch eine gute Heimreise, ein gutes Ankommen zu Hause, gebe vielleicht noch was zu essen oder zu trinken mit und schicke dann eine E-Mail, frage, ob sie gut angekommen sind und wie es war. Und das kann ich im Unternehmen genauso tun, dass ich sage, wir haben uns zwar getrennt, unsere Wege werden nicht gemeinsam weitergehen, aber ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft.

Ich bin immer da, wenn du eine Frage hast und ich freue mich auch, wenn du zurückkommst und wir vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt, wo wir uns weiterentwickelt haben, wieder neu starten wollen. Also es ist einfach, diese Gastronomie und Hotellerie ist so ein großartiges Beispiel, weil wir alle etwas damit anfangen können. Weil jeder Mensch war schon einmal in einem Wirtshaus, in einem Café, in einem Lokal, in einer Bar.

Würde ich jetzt in der, weiß ich nicht, Luxusbranche sein und sage, ja das ist ja wie beim Louis Vuitton oder bei, ich weiß es nicht, in irgendeiner Luxusmarke, da war sicher noch nicht jeder drinnen und ein Mercedes kauf, name it, da ist es einfach wichtig, Beispiele zu nehmen, mit denen jeder etwas anfangen kann.

Anna
Ja und jeder war schon einmal in einem, ich sage mal, suboptimalen Restaurant zu Gast, wo der Service ausbaufähig war. Die bayerische Vollpampe eignet sich da oft dafür und jeder ist schon einmal irgendwo rausgegangen mit dem Gefühl, das war jetzt richtig nett und die waren so zu vorkommen und mit dieser Freude.

Christine
Genau das ist es. Ein ganz, ganz toller Punkt und das nehme ich auch immer wieder, weil es ist oft auch in meinen Coachingsberatungen, es ist nur ein kurzer Impuls, dass ich sage, erinnert euch doch alle mal an ein besonderes Erlebnis, an euer Lieblingshotel, euer Lieblingsrestaurant, euer Lieblingscafé. Warum geht ihr dort gerne hin? Was haben die? Und es wird niemand sagen, wenn man wirklich in sich rein spürt, ist es nicht, natürlich ist es für manche wie für mich ist es wichtig, dass das Ambiente schön ist, dass die Materialien hochwertig sind, also das ist mir auch wichtig, aber, dass ich dort gesehen werde. Und ich sage immer, das ist egal, ich war einmal im Noma, lange das beste Restaurant der Welt oder bei meinem Heurigen Daheim, wo der Spritzer früher 7 oder 10 Schilling gekostet hat, das ist von dem Erlebnis und dem Gefühl, das ich habe, absolut das gleiche. Ich werde wie ein Freund oder eine Freundin behandelt. Und das vereint das Teuerste und das Einfachste. Da geht es nicht um den Preis, weil wenn wir uns zurück erinnern, erinnern wir uns daran, wie wir behandelt wurden.

Anna
Ja. Und das ist jetzt eigentlich auch ein schöner Punkt, weil es geht ja darum, dass man mit einem guten Gefühl rausgeht. Und wenn sich jetzt Unternehmer oder Unternehmerinnen denken, wir haben meistens eh schon viel am Zettel, oh Gott, jetzt soll ich den auch noch oder die noch so behandeln. Es hat ja einen ganz rationalen Mehrwert, wenn man das tut. Also abgesehen von der Menschlichkeit und dem Gefühl, ist es ja auch noch rational gut fürs Business. Was sind denn da deine Erfahrungen nach die Benefits, die es hat, wenn ich das wirklich implementiere?

Christine
An erster Stelle steht bei jedem Unternehmen Umsatzgewinn. Und das ist es. Oder Umsatz auch im Sinne dessen, wenn wir es auf die Mitarbeiter umlegen, ich habe eine viel geringere Fluktuation. Ich komme so oft in Betriebe, wo ich das Gefühl habe, oder nicht das Gefühl, wo ich das sehe, dass so viele Mitarbeiter gekündigt haben oder kurz davor sind zu kündigen oder unglücklich sind. Und das ist noch mittlerweile, ich bin jetzt doch auch schon 20 Jahre beruflich tätig, merkt man, dass das den Unternehmen sehr wohlbewusst ist, was es kostet, einen neuen Mitarbeiter onzuboarden und wie wichtig es ist, Mitarbeiter zu halten. Und das sind aber genau diese Aspekte, wenn ich auch den Mitarbeitern das Gefühl gebe, dass ich sie sehe.

Also Nummer eins ist in allem Maximierung des Umsatzes und am Ende des Tages der Marge. Es ist die Zufriedenheit, sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei den Kunden. Weil wenn der Mitarbeiter zufrieden ist, ist auch der Kunde zufriedener. Das lässt sich in allen Dingen eins zu eins umlegen. Ich sehe es immer wieder, wir kamen und auch jetzt aktuell wegen Hospitality-Konzeption und es geht sehr stark in die Unternehmensstruktur, in die Organisation, um die Kommunikationsleitlinien, um das Sehen und Gesehenwerden. Die Leute gehen lieber ins Büro. Also ich habe es bei mir selbst gesehen, ich habe vorher das Büro kurz beschrieben, auch wo ich hier jetzt sitze. Ich habe gesagt, ihr könnt immer Homeoffice machen. Am Ende des Tages wurde das nie ausgenutzt, weil wenn man gerne ins Büro kommt, dann bin ich überzeugt, dass wir nicht, wo wir jetzt nach Amerika schauen, Meta und andere bringen, zwingen die Mitarbeiter in die Büros zurück.

Wenn ich gerne wohin gehe und hier entsteht auch mehr Kreativität, ich bin vollkommen überzeugt, dass wenn Menschen zusammenkommen und das Persönliche zusammentreffen, wenn diese Begegnungsorte entstehen, der Ort, das Büro soll ein Ort der Begegnung sein. Dinge, wir werden vieles an KI auslagern, das wird in Zukunft noch viel mehr sein, aber diese Kreativität, dieser Austausch, den werde ich, habe ich auch mit meiner KI und ChatGPT, natürlich bekommt man da immer wieder Fragen und Anregungen, aber wirkliche Ideen entstehen, so wie wir beide jetzt im persönlichen Gespräch und Austausch und das ist nicht ersetzbar und das machen wir lieber, ich könnte mich jetzt auch in ein hässliches Kammerl setzen oder in unser stilles Zimmer, das jetzt ein Raum zum ruhigen Arbeiten ist, auch schön mit einer Couch, aber das hier ist hell, natürlich die Sonne scheint, da ist man gleich viel besser drauf, aber das Büro zu Orten der Begegnung zu machen und deshalb auch ist das Wirtshaus auch so gut, weil das ist ein Ort, der in vielen Bereichen schon fehlt, das Gasthaus, das Wirtshaus ist ein Ort der Begegnung, das ist das, wo Menschen zusammenkommen. Wo dieser aktuell so wichtige Diskurs stattfinden kann, wo die Menschen, egal welcher Meinung sie sind, zusammenkommen, sich austauschen und Lösungen finden und das ist etwas, das werden wir, wenn wir uns die aktuelle Weltsituation anschauen, mehr denn je in Zukunft brauchen.

Anna
Da bin ich total bei dir und ich finde auch, also du sprichst mir aus der Seele, weil jetzt langsam hat sich das Thema ja wieder gelegt, aber letztes Jahr war das ja ganz groß, dass die junge Generation alle nicht mehr arbeiten wollen und dass die alle faul sind und alle was auch immer und ich war dann irgendwann mal total genervt von der Wirtschaftskammer, weil ich finde, es ist unsere Verantwortung als Unternehmerinnen und Unternehmer, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, wo die Leute arbeiten wollen, wo sie gerne kommen. Wo sie verstehen warum, wo das wirklich ein Punkt wird, wo man sagt, das ist ein Ort der Begegnung, da gehe ich gern hin, da mache ich gern was, da bringe ich was in die Welt und das ist doch unsere Aufgabe. Einfach nur zu sagen, ihr seid faul, so funktioniert das nicht, so wird das nichts, das ist ja keine Lösung. Dafür sind wir doch Unternehmer und Unternehmerinnen, dass wir das lösen. Wir haben es in der Hand, ob die Leute kommen oder nicht.

Christine
Da könnten wir eine eigene Podcast-Folge darüber machen, über dieses Thema, wie gehen unsere Organisationen um mit Fachkräftemangel. Ich bin Obfrau der Tourismusschule, an der ich war und wir feiern heuer 50 Jahre und also da sind die Zeiten stehen geblieben und da sehe ich sehr viel diesen Vergleich, wir müssen wieder vom Werbezeitalter ins Leistungszeitalter kommen. Es geht wieder darum, dass Leistung was zählt, dass Eigeninitiative was zählt, das Hausverstand zählt, dass es darum geht, wieder selbst anzupacken und die Dinge in die Hand zu nehmen und dass wir auch wissen, dass wir selbst dafür verantwortlich sind und das auch weiterzugeben und nicht die Verantwortung immer abzuschieben.

Anna
Gerade als Unternehmer und Unternehmerinnen, weil die Menschlichkeit ist sehr auf der Strecke geblieben in vielen Unternehmen und die Gastfreundschaft, also die hat noch nicht mal Einzug gehalten. Wenn das eine Person wäre, dann wäre die bei vielen Unternehmen ganz weit weg von diesem Unternehmen und dass da dann die Leute nicht arbeiten wollen und sagen, wenn man das bei den eigenen Eltern gesehen hat, das will ich nicht für mein Leben, ist ja absolut selbstverständlich..

Christine
Sehr schöne Metapher, gut geframed.

Anna
Danke. Du hast ja in deinem TEDx Talk gesagt, dass Gastfreundschaft auch geben ist und wo ist denn für dich die Grenze zwischen echter Gastfreundschaft und das Ausnutzen lassen?

Christine
Wir haben vorher schon gesprochen von der Klarheit und von der Erwartungshaltung und Grenzen setzen. Ich glaube, dass wir alle Menschen geboren sind, um zu geben. Dass es eine intrinsische Motivation ist, man braucht sich nur Kinder anschauen, wie Kinder Liebe geben, wie Kinder Zuneigung geben, wie sie schauen, dass es anderen gut geht, wie sie auf sich schauen und ich glaube, das ist etwas, das wir uns durch welche Einflüsse auch immer mit der Zeit abgewöhnt haben. Und der Unterschied zwischen Gastfreundschaft und Ausnutzen lassen, ich kann es nur sagen, ich komme wieder zur Klarheit zurück. Wenn wir diese Klarheit und diese Reflexion, was ist es denn jetzt? Ist es Ausnutzen oder ist es einfach Grenzen setzen? Wenn wir diese Dinge aussprechen und sagen, bis hier und nicht weiter. Wenn wir merken, aber auch, wenn wir nur geben und es kommt nichts retour, dass wir da auch uns zurückziehen. Also ich glaube, es ist auch sehr wichtig und das habe ich auch gemacht, mich von Menschen zu entfernen, die vielleicht nur nehmen, aber nicht geben und die dich vielleicht ausnutzen und das ist etwas, das wir natürlich, ich sage jetzt auch, mit so vielen Jahren Erfahrung im Leben und auch im Beruf fällt mir es leichter, aber mir ist es nie leicht gefallen, weil wir es einfach nicht lernen. Weil wir diese Klarheit oder ich habe sie nicht gelernt. Ich glaube, dass es viele oder jetzt auch in der Bildung in gewissen Bereichen schon viel mehr Einzug gehalten hat. Aber dieses Ausnutzen ist, da sehe ich einen großen Unterschied zwischen Gastfreundschaft und sich ausnutzen lassen.

Anna
Jetzt habe ich da noch eine weitere Frage, weil im Hotel, man hat ja immer so den Eindruck, dass man als Gast sozusagen immer alles verlangen kann und dann gibt es da den Concierge, der sich um alle Belange kümmert, mögen sie noch so absurd sein und ich kenne viele Unternehmerinnen und Unternehmer, die dann sagen, was soll ich denn noch alles machen für meine Mitarbeiter und die müssen auch was für mich tun und so weiter und so fort. Wie kann man denn, dass dieses Bild jetzt bei den Hörerinnen und Hörern nicht entsteht, dieses Gefühl, man muss sich um alle Wünsche kümmern und alle Wünsche, schüttelst schon den Kopf, red einfach schon mal.

Christine
Ich wollte deine Frage nicht abbrechen, aber es ist genau das, es ist, ich glaube, Führung ist die Kunst der Balance zwischen fordern und fördern. Also zu sagen, ich gebe auch und deshalb darf ich aber auch was erwarten und das ist für mich auch selbst ein sehr schwerer und langer Weg gewesen, das zu akzeptieren und zu lernen, dass ich auch fordern darf. Also ich glaube, jeder ist gerne und ich habe es zumindest auch zu Hause oder auch im elterlichen Unternehmen auch so gelernt, dass man sehr gerne gibt, aber dass man auch sagen kann, dass man auch dafür was geben muss als Mitarbeiter.

Also ja, ich habe dann auch und das auch einfordern darf. Also wir hatten dann zum Teil Check-ins, wo wir gesagt haben, jetzt geben wir uns gegenseitig Lob oder sprechen Dankbarkeit aus. Also auch diese Kultur des Dankbarseins und diesem Dank, auszusprechen und auch den Vorgesetzten gegenüber auszusprechen. Also ich bin absolut ein Gegner von wir überschütten alle mit Geld und wir sehen ja eh bei manchen Unternehmen, die jetzt in den letzten Jahren in Österreich krachen gegangen sind, dass das nirgends hinführt und wenn ich höre, wie es in manchen Betrieben da früher zugegangen ist, dass der goldene Kaffeelöffel im wahrsten Sinne des Wortes neben der Espresso-Tasse lag, dann ist das glaube ich auch, also ich glaube da geht es auch sehr stark darum, dieses Vollkasko-Denken, das wir in Österreich zum Teil an den Tag gelegt haben oder in Europa an den Tag, oder ich kann jetzt nicht für ganz Europa sprechen, ich bin jetzt keine Europapolitikerin, dass ich alle Länder so gut kenne, aber gerade in unseren Regionen zu sehen, dass wir sagen, es ist immer wer da, es ist alles da, wir leben in einem sehr reichen Land, aber dennoch geht es darum was zu leisten und das ist in meiner Welt oder so wurde zumindest ich erzogen, auch sehr stark ein Erziehungsthema. Das es auch sehr stark darum geht zu sagen, wenn Geld reinkommt oder wenn man Geld ausgibt, muss es vorher reinkommen und das auch transparent zu machen und das ist schon noch eine Aufgabe von Führungskräften und von Unternehmen, auch das zu teilen, auch hier transparent zu machen.

Ich habe auch schon Freunden gesagt, bei mir hatte jeder Einblick in die Buchhaltung, wenn es gewünscht war, weil ja, wir sind an der Führung, wir müssen alle was verdienen und ich habe in der Corona-Zeit beispielsweise auch gar nichts verdient oder auch sehr viel drauf gezahlt und in vielen Zeiten und das aber auch transparent zu machen und da auch zu sagen, ja, wenn es gute Zeiten sind, sollen alle profitieren, wenn es härter ist, müssen wir alle den Gürtel enger schnallen und da könnten wir jetzt wieder den Konnex zur aktuellen Politik legen, dass es wichtig ist, dass wir das alle denken und auch diese Haltung zu haben, der Unternehmer ist immer der, der Geld hat, das auch in vielen Bereichen in diesem Land ein Glaubenssatz ist, der einfach, wir schaffen Arbeitsplätze. Ich aktuell in kleinerem Ausmaß, aber ich habe auch schon im größeren Ausmaß dafür gesorgt und das ist, was das, diese Wertschätzung auch wieder zu zeigen und ich glaube, da hilft nur Transparenz.

Anna
Ja, bin ich total bei dir. Mir geht dieses Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Gebashe unglaublich auf die Nerven. Also ich bin ja, ich bin Deutsche und Österreicherin, aber ich bin mit dem deutschen System aufgewachsen und für mich ist die Arbeiterkammer eine wirklich faszinierende Einrichtung und die Wirtschaftskammer, die gibt es so in der Form in Deutschland nicht. Und ich finde das total interessant, wie die gegenseitig sich ständig irgendwie ein bisschen bashen. Es sind entweder die bösen Arbeitgeber und die bösen Arbeitnehmer und es gibt böse Arbeitgeber und es gibt böse Arbeitnehmer und es gibt total tolle Arbeitgeber und total tolle Arbeitnehmer. Aber dieser, dieser ständige Clinch macht es nicht besser, das würde uns nicht nach vorne bringen. Also da ist wirklich noch viel Arbeit da. Aber lass uns nicht über Politik reden, weil sonst können die Emotionen gerade hochgehen. Und vor allen Dingen, ich weiß gar nicht, wo man da anfangen soll. Ich glaube, da ist die Gastfreundschaft schon ausgewandert.

Aber zum Thema Auswandern und Kulturen und Reisen. Viele andere Kulturen leben Gastfreundschaft ja viel mehr als wir. Ich war mal auf Weltreise in Indien und das ist ganz spannend. Die Inder sind ja oft sehr gastfreundlich und bei manchen war es dann so, dass mir am Ende dann doch was verkauft werden wollte. Und da habe ich dann festgestellt, wenn diese Gastfreundschaft nicht ehrlich ist, sondern darauf abzielt, dass man dann diese persönliche Verbindung macht, um was verkaufen zu können, hat mich dann total vorsichtig gemacht, weil ich mir dann mal gedacht habe, was wollen die jetzt von mir? Soll ich jetzt am Schluss doch noch den Schal kaufen oder wollen sie mir jetzt tatsächlich einfach nur nett sein? Und das finde ich sehr schön zu sehen, dass man es wirklich ehrlich sein muss und keine Absicht dahinter haben darf und darauf vertrauen muss, dass das Geben auch was zurückbringt. Welche Erfahrungen hast du denn da gemacht und wie siehst du denn, dass Gastfreundschaft in anderen Kulturen gelebt wird und was wir davon lernen konnten?

Christine
Also spannend, weil ich nicht sicher bin, ob du weißt, dass ich eine der größten Hochzeiten in Indien mit für die Hospitality verantwortlich war und auch zwei große indische Hochzeiten in Österreich mit ausrichten durfte und somit die indische Kultur sehr gut kenne und auch im letzten Jahr auf meiner Reise nochmal meine Kunden dort besucht habe und auch selbst mehrfach dort war. Indien ist ein sehr spezielles Land und ich kenne die indische Kultur mittlerweile sehr gut und mir hat da in gewissen Bereichen, ich habe auch in Russland sehr viel gearbeitet, mir hat da sehr viel das Buch der Wirtschaftskammer über Do’s and Don’ts auf der Welt, wo die Außenhandelsdelegierten die kulturellen Tipps für einzelne Länder wiedergeben geholfen und habe natürlich auch sehr viel im Arbeiten mit anderen Kulturen gelernt. Es ist aber auch für mich dennoch und das hat sich auch sowohl in Russland als auch Indien, die sehr unterschiedlich oder auch mal in China gezeigt, dass ich sage, schaut ihr habt mich geholt als Österreicherin, um für euch etwas umzusetzen. Indien beispielsweise, ich hatte fast 6.000 „Kellner und Servicemitarbeiter“ bei dieser Hochzeit, also es war eine sehr große Hochzeit und in Indien ist man es nicht gewohnt jemanden, der einem höher gestellt ist, zu widersprechen, nein zu sagen, zu sagen was nicht möglich ist und der Herr Ambani, der reichste Mann Indiens und aktuell unter den Top 7, glaube ich, der reichsten Menschen der Welt, ich habe Nein gesagt zu ihm, also er ist mir definitiv, wie wir wissen, überstellt und auch allen natürlich dort in diesem Land, aber ich habe gesagt, dann natürlich zu auch seinen Mitarbeitern, zu anderen, habe ich gesagt, ja ihr wollt mit mir arbeiten und ihr kennt mich, das heißt, dann ist es aber auch wichtig, dass ich auch so arbeiten darf, natürlich respektiere ich die Menschen, aber das ist, erwarte ich mir, ich akzeptiere auch hier jeden Menschen, egal in welcher Hierarchie sie oder er steht und habe dann aber auch gesagt und er hat das dann auch geschätzt, also das größte Kompliment in meiner beruflichen Laufbahn habe ich vom Herrn Ambani persönlich bekommen und er hat gesagt, „Christine, you were right and I was wrong“ und das ist ihm wahrscheinlich in seinem Leben noch nicht oft passiert, dass ihm jemand widersprochen hat und das ist für mich insofern eines der größten Learnings, dass es wieder zum Beginn des Gesprächs uns zurückführt, bleibt dir selbst treu, weil ja, ich hätte sagen können, da ging es darum, dass er gerne auf einer Hochzeit für 10.000 Gäste Michelin Star Experience gehabt hätte, aber in einem Michelin Star Restaurant wissen wir, gibt es vielleicht 50 Sitzplätze und nicht mehrere tausend Sitzplätze und ich habe einfach gesagt, das funktioniert nicht und da bin ich mir selbst treu geblieben. Ich hätte es umsetzen können, aber es wäre wahrscheinlich in einem Desaster geendet. Da habe ich die Klarheit walten lassen.

Anna
Sehr spannend und das ist auch, du hast noch einen spannenden Punkt angesprochen, der mir total wichtig ist und zwar Hierarchie und ich habe da dieses Wochenende eine ganz lange Diskussion mit meinem Mann über Hierarchien und Rollen geführt, weil für mich ist, der hat halt nur eine andere Rolle als du. Also genau genommen sind Hierarchien, es gibt natürlich Hierarchien, das kommt ja auch aus der Herrscherkultur, aber oft in Unternehmen sind es eigentlich unterschiedliche Rollen mit unterschiedlichen Aufgaben und unterschiedlichen Verantwortungen und warum ich das differenziere, ist für mich, jeder Mensch ist ja gleich viel wert und eine Hierarchie hat immer eine Bewertung mit drin, weil der König, der Kaiser, der Hierarch stand immer über den Leuten, aber wir sind ja im Endeffekt, in meiner Welt sehe ich das so, dass jeder Mensch gleich viel wert ist und einfach auch eine gleiche Berechtigung hat und die Rolle, die er ausfüllt, halt einfach eine andere ist und deswegen kann man Weisungen geben oder nicht.

Christine
Bin ich total bei dir, ich möchte gern noch was ergänzen, einen Satz, den ich mal von ganz am Beginn, wie ich Trainee noch war in einem Unternehmen gehört habe, bei einer Veranstaltung, ich weiß auch nicht mehr, wer diesen Satz gesagt hat, aber er hat sich bei mir sehr eingebrannt und der ist jetzt sicher 20 Jahre her, die hat gesagt, wir müssen in der Wirtschaft umdenken, der eine ist Experte oder Expertin in seinem oder ihrem Fach und jemand anderer ist Experte, was Führung angeht, da gab es noch viel zu wenig Ausbildungen, wo es wirklich um Führung ging, aber und er hat gesagt, diese zwei Personen sind beide Experten in ihrem Bereich und die sollten gleich gut bezahlt werden, weil was das österreichische und wahrscheinlich auch deutsche Mindset ist, wenn du in einem Job gut bist, dann wirst du befördert und ob du eine Führungsqualität hast, ob du Führungskompetenzen erfüllst und all diese Qualifikationen, die es braucht, ist sehr oft zweitrangig und da zu sagen, ja der eine hat vielleicht 500 Mitarbeiter unter sich, der andere ist aber der Beste in seinem oder ihrem Bereich und wird genauso gut bezahlt, natürlich gibt es vielleicht im Sinne von Verantwortung Anpassungen, aber dieser Gedanke hat sich für mich damals so in diesem Kopf gebrannt, weil es so richtig und wichtig ist. Wir sind, wenn wir Experten in unserem Gebiet sind, dann sollte das ähnlich gut sein und eine gute Führungskraft ist genauso schwierig wie ein guter Maler, ein guter Tischler oder sonst was.

Anna
Bin ich voll bei dir. Ist auch jetzt spannend, weil du am Anfang des Gesprächs ging es ja darum, dass man sich selber kennen muss, dass man selber die Klarheit braucht, dass man als Führungskraft, also oder auch als guter Gastgeber sein zu können, man auch sich selber kennen muss und sich selbst als Gast behandeln muss. Das heißt eigentlich, dass es für Führungskräfte enorm wichtig ist, sich selbst wirklich zu kennen und auch wirklich an sich zu arbeiten und sich selbst ein guter Gastgeber zu sein und dann erledigen sich wahrscheinlich manche Führungsmethoden von selbst, weil wir sie hauptsächlich brauchen als Tool, wie wir Prozesse brauchen, wenn es nicht als Haltung wirklich gelebt wird.

Christine
Ganz bei dir, da geht es auch ein Learning aus meiner Zeit. Mich fragen jetzt viele, ich hatte jetzt ein Jahr Auszeit, bin jetzt seit Jänner wieder zurück und mich fragen viele und du willst dir nicht mehr Team aufbauen. Ich sage mittlerweile kenne ich mich und ich weiß, ich sage immer so, es gibt Typ Innenminister und Typ Außenminister und ich weiß mittlerweile, ich war es schon früher und ich erkenne es jetzt einfach wieder, ich bin mehr Typ Außenminister. Ich sage, wenn ich jemanden finde, die oder der, also gerne auch der Aufruf hier in dieser Runde, jemanden finde, die oder der mein Unternehmen auch nach innen führen möchte und kann und diese Rolle übernehmen kann, dann sehr sehr gerne, aber ich weiß einfach, ich war extrem zerrissen in dieser Rolle und ich konnte, das ist glaube ich etwas ähnliches, wie sich sehr oft Mütter fühlen. Du bist zerrissen zwischen der Rolle und du wirst niemandem genüge. Du bist keine gute Mutter, du bist keine gute Chefin, du bist keine gute Kollegin und das ist eine Diskrepanz oder eine Gratwanderung, die sehr schwierig ist und insofern sich zu kennen und diese Rollenklarheit zu haben, ist immens wichtig.

Anna
Wie viel Platz war denn für dich noch, dir eine gute Gastgeberin zu sein zwischen all den Rollen?

Christine
Gar keinen Platz mehr. Also ich bin quasi auf der Strecke geblieben, also gerade in den Jahren 2022 und 2023, das waren sicher so die härtesten in meinem Leben und ich habe weder mich noch mein Umfeld gesehen. Also ich danke meinen Freunden immer wieder, dass sie noch an meiner Seite sind, weil ich habe weder mein Umfeld, meine Familie noch mich selbst gut behandelt und auch mein Team und natürlich nicht oder Kollegen und Partner und insofern bin ich aber trotzdem rückblickend dankbar, weil ich glaube, es gibt sehr viele Menschen, die in diesem Hamsterrad gefangen sind und nicht die Stopptaste drücken und da braucht es manchmal sehr harte Einschnitte im Leben. Der war bei mir Gott sei Dank nicht ganz so hart, er war auch sehr schmerzhaft auf verschiedensten Ebenen, aber das wünsche ich einfach vielen, dass sie darüber reflektieren, was es wert ist und was ihnen wirklich wichtig ist.

Anna
Wie kriegst du dann heute den Spagat hin, nach außen Außenministerin zu sein für deine Kunden, aber für dich immer noch Innenministerin zu sein und dann noch die unternehmerischen Zahlen in den Blick zu haben?

Christine
Ich habe für mich im letzten Jahr, in diesem Auszeitjahr sehr viele Routinen entwickelt und ich bin mittlerweile ein großer Fan von Routinen geworden, weil sie mir geholfen haben, mein Leben so zu sortieren und zu ordnen. Das sind Dinge, wie dass ich sage, ich mache Termine nur mehr an gewissen Tagen, ich fahre nur mehr an drei Tagen nach Wien ins Büro, ich brauche meine Pausen, ich brauche Spaziergänge, ich brauche Zeit an der Sonne, Ernährung also unendlich viele Kleinigkeiten, die ich mir sozusagen im Drei-Monats-Rhythmus in mein Leben integriert habe. Und da ist es natürlich, das ist konstante Arbeit daran, dran zu bleiben, die umzusetzen und somit diese Balance zu haben und zu halten. Und jetzt muss ich nochmal nachfragen, was die Frage genau war.

Anna
Nein, du hast sie schon super beantwortet, es fehlt jetzt nur noch der Teil, wie du das dann mit den unternehmerischen Zahlen und alles in Einklang bringst.

Christine
Genau und da kann ich sagen, es ist für mich im Moment ein bisschen eine Freiheit, dass ich gerade kein großes Team habe, weil es mich persönlich auch was Zahlen natürlich angeht, wenn du ein großes Unternehmen führst, wenn du viele Mitarbeiter hast, wenn du einen Umsatz bringen unter Anführungsstrichen musst, dann kannst du nicht mal sagen, ja dann gönne ich mir halt weniger, weil die Mitarbeiter setzen auf das Gehalt. Und ich hatte früher immer mir gesagt, ich will immer genug auf der Seite haben, dass ich mein Team ein halbes Jahr bezahlen kann. Da kam es dann durch Corona zu einem Einschnitt und dann zu den angesprochenen herausfordernden Jahren, das heißt, das war dann auch nicht mehr. Und insofern kann ich auch sagen, wenn viele sagen, ja Geld ist ein Hygienefaktor, Geld ist die Grundbedingung, dass es dir gut geht, dass du eine gewisse Leichtigkeit hast. Und ich habe selbst für mich gemerkt, wie dieser Einschnitt war, von Corona angestoßen und dann durch diese großen Investments, mir hat die Leichtigkeit gefehlt. Und wenn dir diese Leichtigkeit fehlt, dann wieder in dieses Rad zu kommen, ich habe diesen Schnitt und diese Pause gebraucht und jetzt weiß ich, dass ich entweder mir diesen Puffer wieder aufbaue und einfach die Zeit nehme jetzt alleine, um das dann wieder umzusetzen oder einfach, wenn man natürlich sich dann auch die Pausen nimmt, dann kann man auch auf der anderen Seite besser delivern. Also würde ich jetzt unser Gespräch zwischen zwei anderen Termine eng hineinquetschen, hätten wir kein so entspanntes Gespräch und diese Entspannung ist der Schlüssel zum Erfolg. Auf allen Ebenen.

Anna
Und man weiß ja auch, dass jemand, der eine 18-Stunden-Schicht schiebt, jetzt nicht mehr der beste Gastgeber ist. Also den Kellner oder Kellnerin nach 18 Stunden ist dann meistens auch nicht mehr so freundlich.

Christine
Habe ich gestern erst auf LinkedIn geschrieben, dass sich in der Gastronomie sehr viel verändert hat, weil mein letzter Job im Catering, bei einem großen Caterer in Österreich, war eine 12-Stunden-Schicht. Wir hatten nichts zu essen und zu trinken, sind dann in den Bus, haben wir uns gesetzt und sind nach Hause gefahren und das war mein letzter Einsatz bei diesem Caterer. Hat sich natürlich in 18, 20 Jahren auch sehr viel verändert, aber das ist was, was Gott sei Dank, wo wir uns den Kreis zur Hospitality drehen, sich sehr stark verändert hat.

Anna
Und das ist auch ein schönes Beispiel zu dem, was du vorher gesagt hast, wenn es den Mitarbeitern gut geht, geht es auch den Gästen gut, weil nach einer 12-Stunden-Schicht ohne Essen und Trinken und Pause ist man halt einfach nicht mehr leistungsfähig und das merken dann auch die Gäste. Also das zeigt genau schön, was du vorher gesagt hast. Jetzt habe ich noch eine persönliche Frage als Unternehmerstochter. Ich bin ja auch Unternehmerstochter und habe mich, ich sage mal, wahnsinnig viel damit auseinandersetzen dürfen, wie mich das Unternehmerskindsein geprägt hat, die Erwartungen, die man da mitkriegt, zumindest war es bei mir so, auch wie man sich gegenüber den Kunden verhaltet, wie man sich überhaupt zu verhalten hat und wie man nach außen sein muss. Wie sehr hat dich denn das geprägt in deinem Unternehmen und vielleicht auch davon abgehalten, eine gute Gastgeberin für dich zu sein?

Christine
Wow, auch eine sehr, sehr tiefgehende Frage. Ich versuche sie ja ganz offen und ehrlich zu beantworten. Ich glaube, mich hat das sehr geprägt, im Positiven als auch im Negativen. Also die Kurzzusammenfassung dessen, ich habe im Kindergarten gesagt, ich kann meinen Papa nicht zeichnen, weil ich sehe ihn nie. Das war mein Eindruck von Unternehmen. Ich kann mich an Sätze erinnern, sowohl die als auch die folgende Anekdote, meine Eltern können sich nicht mehr daran erinnern, vielleicht war das einfach auch das Bild, das bei mir entstanden ist. Quasi, wir fahren nicht auf Urlaub, weil wir müssen oder ich muss 50 Mal Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld zahlen. Das sind Dinge, die haben sich für mich schon eingeprägt und dennoch habe ich immer wieder spannend gefunden, was man dann auch bewegen kann. Also ich habe so diese beiden Dinge gesehen. Also für mich war dann, weil ich auch gelernt habe, das was wir vorhin angesprochen haben, wenn man Geld ausgibt, muss man Geld einnehmen. Und das ist was, das habe ich schon sehr früh durch diese Bilder und durch dieses Rollenbild gelernt und gesehen. Und habe, seit ich 14 war, immer wieder gearbeitet, gekellnert, also kein Gastronomiebetrieb zu Hause, aber war dann auch sehr viel in Jobs unterwegs und habe das immer wieder gesehen und gelernt und auch gelernt, mit meinem eigenen Geld sehr früh zu haushalten. Und war eben dann im vorher genannten Konzern, wo ich gemerkt habe, da fehlt mir dieser unternehmerische, dieses Intrapreneurship, das jetzt so ein wichtiger Wert in Unternehmen wird oder gerade in großen Organisationen. Das hat mir gefehlt, ich war dort todunglücklich und habe dann, das waren zwei Dinge, eben diese Entscheidung getroffen, ich muss selbst gründen. Weil in der Zeit dachte ich, ich kann, ich habe jetzt gerade studiert und weiß, wie Unternehmensführung geht und ich kann meinem Vater, der 35 Jahre, 36 älter ist, erklären, wie man ein Unternehmen führt. Ich glaube aber auch, dass ich gerade in dieser harten Zeit der letzten Jahre, ist mein Vater mit mir und mit meinen Herausforderungen sehr gewachsen, sowohl persönlich als auch unternehmerisch im Sinne des Abgebens. Und deshalb, wie in so vielen, wir wachsen alle gemeinsam und wir wachsen ein Leben lang. Und es muss nicht der Zeitpunkt für alle der richtige sein. Es kommt bei allen im Leben und wenn man offen dafür ist, dann, ja, dann ergibt sich das.

Anna
Und ich glaube, das ist tatsächlich was, ich nehme mich da jetzt mal mit ein, was die vorherige Unternehmer-Generation tatsächlich von uns lernen kann, dass man auch auf sich schaut und auch sich als Gast behandelt, weil das sehe ich auch immer wieder bei meinen Kunden und Kundinnen. Also auch die Nachfolger-Generation, die unser Alter oder jünger ist, das haben wir definitiv sehr, sehr wenig und sehr selten gelernt von unseren Eltern, dass man auch auf sich schauen muss und auf sich achten muss und nicht alles andere nach vorne stellt. Ich habe auch schon einiges durchgemacht. Kann irgendwie dankbar dafür sein im Nachhinein, zwischendrin nicht immer. Wenn du jetzt einen Tipp hättest, den du jetzt zum Abschluss noch mit auf den Weg geben kannst, würdest, was wäre denn das?

Christine
Nehmt euch Zeit für euch selbst, reflektiert, was euch wichtig ist, teilt es transparent mit eurem Team und dann lebt das und die richtigen Menschen kommen in euer Leben, in euer Unternehmen und werden eure Kunden.

Anna
Vielen, vielen Dank. Danke, liebe Christine, für das wunderbare Gespräch. Ich bin mir sicher, dass die Hörerinnen und Hörer jetzt viel mehr mit Hospitality anfangen können. Ich sehe es auf alle Fälle auch nochmal in einem anderen Licht und danke dir sehr für das sehr offene und ehrliche Gespräch. Schön, dass du da warst.

Christine
Ich möchte von Herzen Danke sagen. Ich kann mich an kein Gespräch erinnern, das so ein Rundumblick war in mein Leben, in mein Tun, meinen Weg, meine Veränderung und in das, was ich in Zukunft machen und schaffen möchte. Vielen, vielen Dank für deine Zeit und die wirklich guten Fragen.

Anna
Sehr gerne und ich verlinke dann in den Shownotes, wo man dich findet, wenn man mehr Hospitality ins Unternehmen bringen möchte, wie man dich erreicht. Also schaut in die Shownotes, da findet ihr den direkten Link zu Christine.

Wenn dir diese Folge gefallen hat und du mehr über wertebasierte Unternehmensidentität, Design, Persönlichkeitsentwicklung und über meine Reise als Unternehmerin erfahren möchtest, dann abonniere diesen Podcast WERR spricht, um keine Folge zu verpassen. Du kannst mir auf LinkedIn folgen, dort findest du mich unter Anna WERR, auf meiner Webseite meinen Newsletter abonnieren, um noch mehr Inhalte und Updates zu bekommen. Die Links findest du auch in den Shownotes.

Und wenn du Themenwünsche hast, die du gerne in zukünftigen Folgen besprochen haben möchtest, oder es etwas gibt, was du mich schon immer fragen wolltest, dann lass es mich wissen. Ich freue mich darauf, dich ein Stück bei deiner Reise als Unternehmerin zu begleiten.

Mehr über Christine Friedreich: https://www.friedreich.at/
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